Das Konzerthaus Pränu (estnisch: Pärnu kontserdimaja) ist das kulturelle Zentrum Pärnus. Am 30.11.2002 wurde es nach kurzer Bauzeit eingeweiht. Das Gebäude wurde von den Architekten Katrin Koov, Kaire Nõmm und Hanno Grossschmidt gestaltet. Die jungen Esten, damals 29 bzw. 31 Jahre alt, hatten sich in einem Architekturwettbewerb gegenüber der Konkurrenz unter dem Arbeitstitel „offenes Schneckenhaus“ durchgesetzt. In der aufstrebenden Stadt wollte man am Rande des Stadtzentrum auf bis dahin unbebautem Gelände neue stadtplanerische Akzente setzen. Ein neues, modernes Einkaufszentrum befindet sich nun ebenfalls in unmittelbarer Nähe. Eine kurze Fußgängerzone verläuft zwischen den alten und neuen Gebäuden.
Der Hauptbauunternehmer war AS Remet. Die Kosten für den Bau betrugen lediglich 95 Millionen Kronen (entspricht ca. 6,1 Mio. Euro), wovon 75 Millionen Kronen aus dem Staatshaushalt und 20 Millionen Kronen aus dem Stadthaushalt von Pärnu stammten.
Das Konzerthaus wurde als multifunktionales Gebäude geplant. Neben zwei Konzertsälen birgt es eine Musikschule, eine Galerie, ein Musikgeschäft und natürlich ein kleines Café (Kohvik Cello). Auch das Stadtorchester Pärnu hat dort seinen Sitz. Veranstaltungen aller Art finden im von Eesti Kontsert verwalteten Gebäude statt. Von Solorezitalen, Kammermusik bis zu Sinfoniekonzerten ist die gesamte Breite der klassischen Musik vertreten. Da kein Orchestergraben vorhanden ist, können Opern nur konzertant gegeben werden. Doch auch Popkonzerte, Theaterabende oder Empfänge finden hier statt. Die Bestuhlung im Parkett des großen Saals kann entfernt werden, so dass auch Tische für ein Bankett aufgestellt werden können.
Man kann das Gebäude von außen komplett umrunden. Umrunden ist beinahe wörtlich zu nehmen: Die Grundfläche entspricht eher einem Oval; nur die Langseiten sind gerade gezogen. Die Nordseite zum Fluss ist unscheinbar und sollte in der Aufenthaltsqualität verbessert werden. Die unmittelbare Nähe zu einem kleinen Park und zum Fluss kommt bislang kaum zur Geltung. Die Nordseite ist die Tagseite. Bei geöffneten Fenstern kann man Musikfetzen aus der dort untergebrachten Musikschule vernehmen. Die repräsentative Seite befindet sich im Süden und Westen. Eine bodentiefe, gewölbte Fensterwand gibt den Blick aufs Innere frei, insbesondere abends, wenn das Licht aus dem Gebäude nach außen strahlt. Dann bekommt das Haus einen einladenden goldenen Schein. Die Säulen, die die Glaswand unterbrechen könnten die zusammengeschobenen Vorhänge einer Theaterbühne sein.
Vom Vorplatz aus führt ein Arkadengang in den ersten Stock des Gebäudes. Insbesondere im Sommer versammeln sich dort in den Konzertpausen die Besucher, um den Ausblick bei einem Glas Wein oder Cognac zu genießen.
Betritt man das Konzerthaus über den Haupteingang, gelangt man an der Konzertkasse vorbei in das Foyer, in dem sich auch das Kohvik Cello befindet. Die Garderobe ist kostenpflichtig. Die Kartenkontrolle erfolgt an den beiden in den ersten Stock führenden Treppen. Im ersten Stock umschmiegt ein U-förmiger Wandelgang den Konzertsaal. Durch die Glasfront kann man den Blick nach außen genießen. In den Pausen öffnen sich auch die Türen zum flussseitig gelegenen Arkadengang. Zwei kleine Bars versorgen vor dem Konzert und in den Pausen das Publikum mit Häppchen, Kuchen und Getränken. Mehrere Türen führen ins Parkett des großen Konzertsaals.
Während der Kammermusiksaal bis 160 Personen Platz bietet, sind im großen Konzertsaal Sitzmöglichkeiten für maximal 898 Personen. Der Grundriss des großen Konzertsaals entspricht einem abgerundeten Schuhkarton. Das Parkett ist leicht ansteigend, so dass von allen Plätzen die Bühne gut sichtbar ist. Oberhalb des Parketts befinden sich an den Längsseiten Seitenbalkonplätze sowie im hinteren Bereich ein Mittelbalkon. Die Balkonplätze sind vom zweiten Stock aus zugänglich. An der Stirnseite des Saals blickt auf die Chorempore, auf dem je nach Konzert auch ein Teil des Publikums Platz findet. Letztlich sind also im Balkonbereich ringsum Sitzplätze.
Ebenfalls an der Stirnseite schaut man auf den Orgelprospekt. Zum Datum, wann die Orgel des Konzertsaals fertiggestellt wurde, findet man im Internet unterschiedliche Angaben. Zum Zeitpunkt der Eröffnung wird in der Tagespresse berichtet, dass es noch ein paar Monate dauern würde, bis Orgel eingebaut sei. Dies deckt sich mit Angaben, demzufolge die Orgel 2003 eingebaut wurde [1]. Auf den Seiten des verantwortlichen Orgelbaumeisters Martin ter Haseborg selbst wird 2007 angegeben [2]. Sie ist übrigens die einzige Orgel Estlands mit Spanischen Trompeten.
Der große Konzertsaal ist funktional und einfach gestaltet. Weißer Rauputz bedeckt die Wände im Zuschauerbereich. Im oberen Bereich helfen senkrecht angebrachte Lattenstrukturen zu starke Halleffekte zu vermeiden. Die gepolsterten Klappsitze sind mit rotem Stoff bezogen. Strahler von mehreren Beleuchtungsbrücken werden genutzt, den Saal verschiedenfarbig auszuleuchten. Rings um das Parkett oberhalb der Kopfhöhe strömt kühlende oder wärmende Luft durch die Lüftungsgitter. Leider ist die Klimaanlage im Parkett insbesondere auf den seitlichen Plätzen bisweilen leise, doch deutlich hörbar.
Sowohl im Parkett als auch auf dem Mittelbalkon ist der Klang warm, transparent und ausbalanciert. Weder stört ein zu langer Nachhall, noch ist Klang zu trocken. Auch die räumliche Wirkung ist gut. Dies gilt für Solorezitale, Kammermusik und Sinfoniekonzerte. Bei den großen Orchesterbesetzungen des romantischen Repertoires kommt der Saal jedoch an seine Grenzen. Der Klang überschlägt sich und der es wird schnell zu laut, selbst wenn der Dirigent dynamisch ausbremst. Es gibt eben keinen Raum der gleichermaßen für alles geeignet ist. Unter dem Strich ist der Saal für klassische Musik bestens geeignet. Die Akustik des Saals überzeugt.
Wer sich hiervon ein eigenes Bild machen möchte, dem sei ein Besuch des jährlich Mitte Juli stattfindenden Pärnu Music Festivals empfohlen.
Praktische Informationen
Pärnu kontserdimaja
Aida 4
80011 Pärnu
Estland
Internet: https://parnu.concert.ee/en/
Referenzen
1) https://parnu.concert.ee/en/reserve-a-hall/
2) https://www.orgelbau-ostfriesland.de/