Die Isarphilharmonie ist ein echter Gewinn für die Musiklandschaft in München. Vor etwa einem Jahr, am 08.10.2021 wurde die Philharmonie mit einem Konzert der Münchener Philharmoniker unter der der Leitung von Valery Gergiev eröffnet. Sie bietet bis zu 1956 Besuchern Platz.
Das Auditorium ist im modifizierten „Schuhkarton-Stil“ konzeptioniert. Anders als im klassischen Schuhkarton-Stil steigen die Reihen in Parterre, abgesehen von den ersten drei Reihen, deutlich an. Dies ermöglicht auch in Parterre allen Besuchern eine gute bis ausreichende Sicht auf die Bühne. Insofern unterscheidet sich auch der mittlere Balkon nicht wesentlich von der Parterre, wobei die Sicht auf die Musiker zweifelsohne besser ist. Seitlich der Parterre sind die Sitzplätze in den Seitenbalkonen (1. Obergeschoss) und den Seitenrängen (2. Obergeschoss) angeordnet; der Rang mitte ist im Stockwerk (2. Obergeschoss) über dem mittleren Balkon (1. Obergeschoss). Seitlich und hinter der Orchesterbühne finden Zuschauer im ersten Stock im Chorbalkonbereich Platz. Die jeweils erste Reihe in den seitlichen Bereichen blickt durch einen Maschendrahtzaun aufs Bühnengeschehen. Gerade im einreihigen Chorbalkon drängt sich da etwas der Eindruck von „Hühnern auf der Stange“ auf.
Der helle Bühnenboden kontrastiert zu den Saalwänden, die aus dunkel getünchten Kiefernlatten gestaltet sind. Es mag am hellen Licht liegen, dass trotz der Dominanz des Dunkelgraus nicht der Eindruck entsteht, im Saal „eingesargt“ zu sein. Hat man sich einmal auf dem Sitz eingefunden, kann man sich bei genügend Beinfreiheit sehr schnell wohlfühlen.
Für die Akustik des Saals zeichnet sich Yasuhisa Toyota verantwortlich. Ungute Erinnerungen an die für mich unbefriedigenden Klangerlebnisse in der Elbphilharmonie, die ebenfalls von ihm akustisch gestaltet wurde, kommen im Vorfeld auf; diese wurden glücklicherweise jedoch hier nicht bestätigt. Von dem Besuch eines einzigen Konzerts auf die Akustik des Gesamtsaales ist vermessen; doch zumindest dieser eine Besuch hinterlässt einen guten Eindruck. Obwohl der gewählte Platz im weit vorderen Bereich des Parketts gelegen war, spürte man den Raumklang. Einerseits waren die einzelnen Instrumente ob der Bühnennähe sehr gut zu verorten, und dennoch mischte sich andererseits der Klang ausreichend. In den Schlussszenen von Wagners Götterdämmerung entwickelte sich das Gefühl, mitten in der Klangwolke, im Klangorkan zu sein; und dennoch wurde man nicht zugedröhnt. Ein wahrlich imposantes Erlebnis. Anzumerken bleibt, dass auf den Einbau einer Orgel verzichtet wurde. Dies dürfte angesichts dessen, dass die Isarphilharmonie lediglich als Ersatzspielstätte gebaut wurde, zu verschmerzen sein.
Während das Auditorium in einer neu errichtetet Stahlkonstruktion eingebaut wurde, befindet sich das Foyer in einer vorgelagerten ehemaligen Turbinenhalle (Halle E). Diese Halle dient jedoch nicht nur als Eingangshalle mit Garderoben, Café und Bar, sondern beherbergt auch einen Teil der Münchner Stadtbücherei und einen weiteren kleinen Veranstaltungsraum („Projektor“).
Auf dem Gelände des Gasteig HP8, deren Zentrum die Isarphilharmonie bildet, sollen zukünftig weitere Einrichtungen ihre Heimat finden. Direkt neben der Philharmonie gelegen hat sich das Restaurant Gaia auf die Konzertgäste eingerichtet. Ohne Sorge zu haben, den Konzertanfang zu verpassen, können einfache, ordentlich zubereitete Gerichte den Magen stärken.
Nachteilig ist die Anbindung des Geländes. Zur nächsten U-Bahn-Station ist es ein fast 15 minütiger Fußweg, der mit schickem Schuhwerk nur ungern zurückgelegt werden dürfte. Nach einer Veranstaltung sind die Busse rasch überfüllt, was zu zusätzlichen Wartezeiten führen kann. Mal ganz davon abgesehen, dass der geneigte Besucher eines himmlischen Konzerts durch das Gedränge im Bus allzu schnell geerdet wird. Hier könnten die Münchener Verkehrsbetriebe in Abstimmung mit den Veranstaltern über eine gesonderte zusätzliche Taktung nachdenken.
Dass der Stadt München innerhalb der vorgesehenen Bauzeit ein Konzertsaal gelungen ist, verdient allen Respekt. Alle Zeichen stehen dafür, dass das HP8 mit den weiteren Kultureinrichtungen eine weiter positive Entwicklung nehmen wird. Hätte ich die Wahl zwischen dem gleichen Konzert in der imposanten und modernen Elbphilharmonie oder in der Isarphilharmonie mit ihrem kargen, aber sehr gelungenen Industriedesign, ohne Frage, ich würde die Isarphilharmonie wählen.