Casa da Música: Außenansicht in der Nacht

Die Casa da Música in Porto

Im Rahmen der Initiativen als Kulturhauptstadt Europas 2001 wurde in Porto 1999 der Entschluss gefasst, ein multifunktionales Konzerthaus zu bauen. Ein solches Gebäude in nur 2 Jahren pünktlich fertigzustellen, war offensichtlich ein zu vermessener Plan. Nach 6 Jahren Bauzeit konnte es am 14. April 2005 eingeweiht werden. Wie so oft konnte neben dem Zeitplan auch der Kostenrahmen nicht eingehalten werden. Statt 33 Millionen Euro waren es am Ende mehr als 119 Millionen, die für das Gebäude aufgewendet werden mussten. Diese Investition hat sich aber gelohnt. Unter Leitung des niederländischen Architekten Rem Kolhass ist dem Büro OMA ein ebenso interessanter, wie optisch, als auch akustisch befriedigender Bau gelungen.

Gleich drei Orchestern ist das Haus der Musik Heimstätte. Zuallererst ist hier das Orquestra Sinfónico do Porto Casa da Música zu nennen. Das klassische Sinfonieorchester, das früher Orquestra Nacional do Porto hieß, hat sich mit dem Umzug in die neuen Räumlichkeiten nach diesem umbenannt. Ähnlich wie später das NDR Philharmonieorchester den Namen seiner Hauptspielstätte in seinen Namen aufgenommen hat und nun NDR Elbphilharmonie Orchester heißt. Auch die anderen beiden Orchester haben den Gebäudenamen in ihrer Bezeichnung integriert: das Remix Ensemble Casa da Música, das sich der zeitgenössischen Musik widmet, und das Orquestra Barroca Casa da Música, das sich auf alte Musik spezialisiert hat. Daneben gibt es noch zwei Chöre: den Coro Casa da Música und den Coro Infantil Casa da Música.

Casa da Música: Außenansicht
Außenansicht der Casa da Música

Wie ein eingeschlagener Meteorit liegt die Casa da Música am Rande des Praça de Mouzinho de Albuquerque im Stadtbezirk Boavista. Das Gebäude unternimmt erst gar keinen Versuch, sich den benachbarten alten Häusern oder den Bürozweckbauten anzupassen. Es bedarf etwas Phantasie, um wie von den Architekten intendiert aus dem Polyeder das Heck eines halb im Schlick versunkenen Schiffes zu erkennen. Die das Gebäude umgebende Platzfläche ist an zwei Seiten wie große Wellen angehoben, wobei in einer dieser Wellen ein Geschäftsraum untergebracht ist. An der Rückseite befindet sich im Erdgeschoss hinter bodentiefen Fenstern ein einfaches Café, das nicht nur vor den Vorstellungen zu Getränken und kleinen Stärkungen einlädt. Von dort aus gelangt man auch in das Innere des Gebäudes.

Der eigentliche Eingang befindet sich jedoch seitlich. Eine breite Treppe führt zu einem schlitzförmigen Eingang. Wenn abends die Veranstaltung beendet ist und dann die Treppe und der Eingang beleuchtet werden, ergibt sich ein toller Effekt. Wie die Besatzung eines UFOs oder eines Raumschiffes scheint sich das Publikum aus dem Gebäude zu begeben.

Casa da Música: Eingang
Die Besucher verlassen die Casa da Música wie die Besatzung eines Raumschiffs

Auf ein repräsentatives Foyer wurde bewusst verzichtet. Neben der Konzertkasse befindet sich ein kleiner, offen gestalteter Laden. Die hieran anschließende Garderobe nimmt nur wenig Raum ein. In südeuropäischen Ländern gibt es erfahrungsgemäß keinen Bedarf für mehr. Über Treppen und Flure, deren Böden mit Metall und deren Wände mit Sichtbeton gestaltet sind, erreicht man einen der beiden Hauptsäle. Neben diesen gibt es noch weitere kleinere Räume für verschiedenste Zwecke.

Casa da Música: Innentreppe
Eine der Innentreppen in der Casa da Música

Glanzlicht und wesentlicher Kern der Casa da Mùsica ist zweifelsohne der Sala 1, nach einer portugiesischen Cellistin „Sala Suggia“ genannt. Das Parkett des im Schuhkarton-Stil gestalteten Saales ist mäßig steil ansteigend, wodurch von allen 1238 Sitzplätzen eine gute Sicht auf die Bühne besteht. Auch hier ist der Boden mit Metallplatten ausgelegt; die Wände sind jedoch mit Holz vertäfelt, welches mit Blattgold-Mustern verziert ist. Ein besonderer Pfiff sind die Sitze im Auditorium. Wo anderenorts der Sitz herunter geklappt wird, wird er hier herausgezogen.

Nicht recht zu passen scheint jedoch die Orgelempore, die in barocker Anmutung im vorderen Teil des Saales aus dem Rahmen fällt. Hinter der Bühne befinden sich als Chortribüne leicht erhöht ca. 90 Sitzplätze. Ein transparentes Glasgeländer gibt freie Sicht auch auf die untere Reihe der Plätze auf der Chorempore – und umgekehrt. Es ist eine Geschmacksfrage, ob man die Spiegelung der Bühnenmusiker als Zuschauer interessant oder als störende Ablenkung empfindet.

Casa da Música: Bühne
Die bühnenseitige Glaswand lässt die Bäume des vorgelagerten Platzes durchscheinen.

Einzigartig ist, dass beide Enden des Saales mit Glaswänden abschließen. Auch wenn das Glas aus akustischen Gründen grob gewellt ist, wird so der gewollten gesellschaftlichen Transparenz auch optisch Ausdruck gegeben. Es ist schön durch die bühnenseitige Glaswand die Bäume des davor liegenden Platzes zu erkennen, während man gespannt auf den Beginn der Veranstaltung wartet. Während tagsüber die Sonne das Gebäude von außen beleuchtet und abends bei gutem Wetter das helle Gebäude in goldenem Licht taucht, bringen am Abend und in der Nacht die farbige Strahler der Innenbeleuchtung Farbakzente in die Stadt.

Casa da Música: Blick aus dem Barbereich
Die farbige Innenbeleuchtung der Bar tritt in Wechselspiel mit dem kalten Licht der umliegenden Bürogebäude

Um zu starke Schallreflexionen insbesondere vom Schlagwerk und Blechbläsern zu vermeiden, wird bei klassischen Konzerten zumeist ein Vorhang vor den Glaswänden im Saal herabgelassen. Dieser wurde im Rahmen einer akustischen Nachjustierung 2012/13 durch die Firma KahleAcoustics installiert. Hierbei wurde auch das große, oberhalb der Bühne angebrachte Schallsegel, das der besseren Verteilung des Klangs dient, nochmals um 2 Meter angehoben. Seitlich der Bühne angebrachte Plexiglasscheiben dienen der besseren Kommunikation der Orchestermusiker auf der Bühne.

Casa da Música: Vorhang hinter der Bühne
Während des Konzerts wird ein Vorhang hinter der Bühne heruntergelassen, der vor zu starken Schallreflexionen durch die Glaswand schützt

Der Klang im Sala Suggia wirkt direkt und transparent, wenn auch ein wenig zu trocken und mit mäßiger räumlichen Wirkung. Der Saal ist eine gute Wahl für größere Kammerorchester oder kleinere sinfonische Besetzungen. Das große deutsch-romantische Repertoire wird anderenorts akustisch besser zur Geltung kommen.

In jedem Falle lohnt der Besuch: Hier kann man gute Musik in einem architektonisch spannendem Gebäude erleben.

Praktische Informationen zur Casa da Música

Avenida da Boavista, 604-610
4149-071 Porto
Portugal
Internet: https://www.casadamusica.com/
Telefon: +351 220 120 220
E-Mail: info@casadamusica.com

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