Die Opéra de Toulon ist ein Schmuckstück, das größere Bekanntheit, allerdings auch eine Renovierung verdient.
Sie ist mit 1329 Plätzen (laut Wikipedia) ein eher kleines Haus. Ganz im Stil des Neoklassizismus gehalten, prägt das Gebäude einen der zentralen Plätze Toulons. Mitten in der Stadt, mitten im Leben – das ist auch die Divise des Hauses. Oper, sinfonische Musik, Tanz, Theater und weitere Veranstaltungen sollen allen Menschen der Stadt offen stehen.
Die Balkone und Ränge erstrecken sich über vier Etagen. Die Akustik ist gut und entspricht den Erwartungen bei einer solchen Architektur. Auf den vorderen Balkonen ist man dem Bühnen- und auch Grabengeschehen sehr nah, wobei sich der Klang selbstverständlich nicht so gut mischt. In den oberen Rängen des Amphitheaters ist der Klang deutlich ausgewogener, bei immer noch gutem Blick auf die Bühne und guter Textverständlichkeit des Gesangs. Allerdings sind die Plätze im Amphitheater (3. Etage) und im „Paradies“ (4. Etage) aus anderen Gründen nicht zu empfehlen. Auf den nur leicht gepolsterten Eisenbänken kann man es kaum einen Akt lang aushalten. Selbst Frauen durchschnittlicher Größe haben 0 cm (!) Beinfreiheit – die Knie stoßen unvermeidlich an die Kante des Vordersitzes. Der erzwungene sehr gerade Sitz wird auf einigen Plätzen mit der Stange, die das Geländer der Rückenlehne hält, geradezu zur Folter. Wer Körperkontakt zu fremden Menschen scheut, ist hier ebenfalls fehl am Platz. Auch wenn sich die Anzahl verfügbarer Plätze reduzieren würde, erscheint eine zeitgemäße Sitzausstattung der oberen Ränge dringend geboten. Auch sonst zeigt bröckelnder Putz und abgestoßene Farbe, dass es an der Zeit ist, dieses durchaus hübsche Juwel einer Renovierung zu unterziehen.
Bei der besuchten Aufführung (Andrea Chénier) vermochten das Orchester und die Sängerinnen und Sänger durchaus mit solider, guter Qualität zu überzeugen. Die Inszenierung diente dem Libretto und der Musik. Die Bühne und die Kostüme orientierten sich an die Zeit der französischen Revolution, zu der das Stück spielt. Auch dies also ein großer Pluspunkt. Dass etwa ein Viertel der Plätze leer geblieben war, ist daher umso unverständlicher und schade. Hingehen! Es lohnt sich!